von Katharina Möller, Gottesdienst am Karfreitag 2008 in der St. Georgskirche

Gnade sei mit uns....
Text: Johannes 18,15-18.25-27

Liebe Gemeinde!
Überall in der Welt steht am Karfreitag das Evangelium vom Leiden und Sterben Jesu im Mittelpunkt. Überall in Kirchen und Gemeinden werden die letzten Stationen seines Lebens bedacht. Viele Menschen gehen den Kreuzweg Jesu ein Stück mit und versuchen, ihn zu verinnerlichen.


Alle Christen - und das schließt jede und jeden von uns mit ein, macht es betroffen, daß Jesus auf so furchtbare Weise leiden und sterben mußte.
Obwohl wir von Anfang an wissen, daß Jesus drei Tage später, am Ostersonntag auferstand, können wir kaum damit umgehen, daß Jesus diesen schrecklichen Tod auf sich nehmen mußte.

Auch der Jünger Simon Petrus kommt mit der Situation nicht zurecht.
Er ist innerlich hin-und hergerissen.
Er will nicht, daß das eintritt, was Jesus vorausgesagt hat. Er möchte stark sein und Jesus beistehen und für ihn da sein in seiner schweren Zeit. Aber er hat Angst.
Diese Angst lähmt ihn und hindert ihn daran, das zu tun, was er eigentlich möchte.
Sicher hat Petrus später oft von den Tagen der Kreuzigung Jesu und seiner eigenen Situation berichtet.
Lassen wir ihn seine Geschichte selbst erzählen.

"Alles fing damit an, daß Jesus schon einige Zeit vor jenem schrecklichen Karfreitag ankündigte, daß er leiden und sterben wird.
Ich wollte das nicht wahrhaben und hatte gleich mehrere Ideen, wie wir es verhindern könnten, z.B.daß wir uns verstecken oder ins nahe gelegene Ausland fliehen könnten, bis sich alles wieder etwas beruhigt hätte.
Jesus hat mich damals furchtbar angefahren und schlimme Worte gesagt:
"Geh weg von mir Satan!"
Das waren für mich schreckliche Stunden, bis ich dadurch etwas besser verstanden habe, daß Jesus in besonderer Weise Gottes Sohn ist
Viele Abschiedsworte hat Jesus gesagt - ich war dann immer traurig, auch wenn seine Worte hoffnungsvoll und tröstend waren.
An jenem letzten Donnerstag wusch uns Jesus, wie ein Sklave die Füße.
Ich wollte mir das eigentlich nicht gefallen lassen. Ich hatte noch nicht verstanden, daß Jesus uns schon zeigen wollte, daß sein Tod ein Dienst für uns alle war. Ich hatte noch nie so darüber nachgedacht.
Später feierte Jesus mit uns sein Abschiedsmahl.
Wir verstanden zum ersten Mal, daß wir für immer mit Jesus verbunden sind.
Dieser Abend war besonders für uns alle.

Ich wollte mich nicht von ihm trennen, noch so viel hören und erleben und auch im Schweren zu ihm stehen. Aber alles kam ganz anders.
Diese Nacht ist die dunkelste Nacht meines Lebens.
Immer, wenn irgendwo ein Hahn kräht, erinnere ich mich daran.
Zuerst haben Jakobus, Johannes und ich es nicht geschafft, mit Jesus zu beten, als er mit uns im Garten Getsemanae war.
Wir sind nach dem langen Tag immer wieder eingeschlafen. Jesus war enttäuscht von uns.Dann ging alles ganz schnell.
Judas kam mit bewaffneten Männern, die Jesus gefangen nahmen.

Ich wollte Jesus noch mit dem Schwert verteidigen und hieb einem Knecht das rechte Ohr ab. Jesus ermahnte mich mit aller Deutlichkeit. " Keine Gewalt!"
Das war immer noch seine Botschaft.
Sie nahmen Jesus mit und wir liefen vor Angst alle auseinander.
Ich hatte keine Ruhe und wollte wissen, wie alles weiterging.
Heimlich schlich ich mich zu dem Haus des Hohenpriesters Kaiphas, wo Jesus war. In der Nähe der Tür sprach mich die Magd an:
"Gehörst Du nicht auch zu Jesus?"
Ich weiß heute nicht mehr, warum ich mit NEIN geantwortet habe.
Aus einer Lüge wachsen immer noch mehr.
So mußte ich noch zweimal Jesus verleugnen und so tun, als ob ich ihn nicht kenne.Erst, als der Hahn krähte, wurde mir klar, was geschehen war .
Ich brach zusammen und weinte . Ich weiß nicht, wie lange ich in diesem Zustand war.
Die Kreuzigung Jesu habe ich nur von weitem gesehen.
Ich fühlte mich wie in einem Traumzustand und wollte nicht wahrhaben, was geschah.
Maria und Johannes waren Jesus ganz nahe, sie sprachen sogar noch mit ihm.
Eigentlich wäre mein Platz auch in seiner Nähe gewesen.
Es war ein furchtbarer Tag mit einem Erdbeben in der Sterbestunde Jesu am Nachmittag.
Ich war am Ende und enttäuscht von mir und tieftraurig, über den Tod meines Herrn, der mir so unendlich viel bedeutete.
Mein Leben war wie festgefahren.Mit einigen Freunden teilte ich diese Trauer.

Wie ihr heute am Karfreitag schon wißt, blieb es nicht beim Tod Jesu.
Unsere Trauer verwandelte sich in unendliche Freude, als Jesus auferstand.
Später wurden mir meine schweren Sünden von Jesus vergeben. Ich konnte noch einmal neu anfangen und übernahm große Verantwortung für die ersten Gemeinden, für meine Brüder und Schwestern in Jesus Christus."

Liebe Gemeinde, wir haben einen schwierigen Teil der Lebensgeschichte des Petrus gehört, ihn einmal selbst zu Wort kommen lassen. Petrus hat Jesus dreimal verleugnet.
Uns würde es sicher auch schwer fallen, so offen über unsere Schwierigkeiten und Schwachpunkte zu reden und die schlimmsten Situationen unseres Lebens nicht zu verschweigen.
Manchmal ist es gut, unsere Fehler zuzugeben, damit wir selbst und auch andere daraus lernen können.
Wir können uns auch gut in die Situation des Simon Petrus hineinversetzen.

Wir kennen Petrus als das Oberhaupt der ersten Gemeinden, als den Vertrauten Jesu.Jesus selbst gab ihm den Beinamen Petrus - der Fels, auf dem sich die Gemeinde aufbaute.
Wir wissen, daß Petrus zu Pfingsten dann wirklich die Kraft bekam, überzeugend von Jesus zu reden und Gemeinden zu gründen.

Wie ist es eigentlich mit uns? Stehen wir heute immer zu Jesus?
Oder halten wir uns manchmal auch zurück, wenn unsere Meinung gefragt ist oder wir über unseren Glauben reden sollen? Oft ist es leichter zu schweigen, wenn wir reden sollten oder sich zurückzuhalten wo wir etwas füreinander tun sollten.
Oft kommt heute die Botschaft Jesu von der Liebe und dem Frieden zu kurz.
Wir alle leiden unter Unfrieden, Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit im Großen und im Kleinen.

In jedem Leben gibt es auch Dinge, die nicht so gut gelingen, die belasten und wo wir Fehler machen. Oft verdrängen wir sie und versuchen, einfach nicht daran zu denken.
Es fällt uns schwer, uns jemandem so zu öffnen und darüber zu sprechen.
Dazu ist wirkliches Vertrauen nötig.
Wenn wir jemanden finden, der uns zuhört, können wir mit schwierigen Situationen besser umgehen. Gemeinsam können wir Gott um Vergebung bitten.
Das, was wir immer verdrängen, kann uns krank machen, weil es uns innerlich belastet. Unser schlechtes Gewissen erinnert uns immer wieder daran.
Es ist wichtig, alles vor unserem Herrn Jesus Christus auszusprechen.

Wir haben es von Petrus gehört: Jesus vergibt ihm seine Schuld.
Gott will auch uns einen neuen Anfang schenken. Auch für unsere Schuld ist Jesus gestorben, damit wir Vergebung und Frieden finden.
Wenn wir nachher das Beichtgebet sprechen und gemeinsam das Abendmahl feiern werden, wird das wieder für jeden von uns wahr.
Im Frieden mit Gott und befreit von aller Last kehren wir in unser Leben zurück. Wir dürfen aufatmen und die Liebe und den Frieden Gottes an andere weitergeben.
So aktuell sind wir in das Geschehen um Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern mit einbezogen.

Bei Jesus finden wir neue Wege und können einen neuen Anfang machen.
Wir dürfen aufatmen und befreit von aller Last weitergehen.
Dafür wollen wir von Herzen dankbar sein. Wir wollen nicht aufhören, für den Frieden und das Gute in unserer Welt zu beten und uns dafür auch aktiv einzusetzen.
Offen zu zugeben, wo man steht und ehrlich zu sagen,was man denkt, ist auch heute nicht leicht.
Das ist aber wichtig in unserer Zeit und kann für andere hilfreich sein und ihnen Trost und neue Orientierung geben.
Wir wollen uns immer neu zu Jesus stellen und uns überzeugend zu ihm bekennen.
Auch heute wollen wir nach seinem Vorbild leben und in Dankbarkeit die Liebe und den Frieden, die wir von ihm empfangen, ausstrahlen und weitergeben.
Dazu schenke uns Gott seinen Segen. Durch Jesus Christus, unseren Herrn.
AMEN.

Der Friede Gottes....